Aktualisiert am 08/03/2022 von Gina
Unser nächstes Ziel heißt Kampong Cham. Wer sich wundert, dass wir lauter Orte mit Kampong im Namen ansteuern: Kampong ist das Khmer-Wort für Hafen, deshalb beginnen viele Ortsnamen damit. In Kampong Cham erreichen wir zum ersten Mal den Mekong, den wir in Phnomh Penh nur aus der Ferne gesehen haben.
Inhalt
Die Bambusbrücke über den Mekong
Unser Guesthouse liegt direkt an der Uferpromenade, die einen modernen und gepflegten Eindruck macht. Ein Spaziergang führt uns am Mekongufer entlang bis zu der Bambusbrücke, die die gegenüber liegende Insel mit dem Land verbindet.
Die Brücke wird jedes Jahr zu Beginn der Regenzeit abgebaut, da sie den reißenden Fluten nicht standhalten würde. Dann ist die Insel nur mit der Fähre zu erreichen. Etwa die Hälfte der Teile kann beim Wiederaufbau nach der Regenzeit wieder verwendet werden.
Da mittlerweile eine feste Brücke im Bau ist, sind die Tage der Bambusbrücke gezählt. Fasziniert beobachten wir, wie nicht nur Motorroller, sondern sogar Autos über die fragile Konstruktion fahren.
Am nächsten Tag leihen wir uns Fahrräder und machen uns auf zur Bambusbrücke. Kurz bevor wir sie erreichen, werden wir von einer Gruppe Pferdefuhrwerke in munterem Trab überholt. An der Erdrampe, die zur Brücke führt, werden die Tiere kurz abgespannt und dürfen sich im Wasser erfrischen. Dann traben sie weiter über die Brücke.
Die Bambuslatten, die die Oberfläche der Brücke bilden, knirschen und knacken unter unseren Rädern. Die Fahrbahn federt, es ist ein sehr ungewohntes Fahren. Kaum zu glauben, dass diese Brücke schwere Geländewagen aushält.
Auf der Insel angekommen kämpfen wir uns über den sandigen Weg, bis wir die Straße erreichen. Wir folgen ihr – es ist eh die einzige – durch das Dorf. Rechts und links stehen die typischen Pfahlbauten, weiter hinten können wir Felder ausmachen. Vor vielen Häusern sind kleine Verkaufsstände, auf denen meist eine Handvoll Früchte angeboten wird: Papayas, Bananen, Mangos und vor allem Pomelos. Wir kaufen ein paar Bananen.
Nach einer Weile erreichen wir die Pagode. Bunte, kitschige Figuren auf dem Gelände, alles wirkt ziemlich ungepflegt und lieblos. Die große Halle ist leer und kahl, Vögel nisten unter den Dachsparren, ihr Kot verschmutzt den Boden.
Im Schatten eines großen Baumes finden wir einen Picknickplatz auf dem Tempelgelände. Dort machen wir Rast, essen unsere Bananen und Kekse und genießen den Tag. Ein kleines Mädchen kommt mit dem Fahrrad angefahren. Als sie uns sieht, steigt sie ab und setzt sich zu uns an den Tisch. Englisch versteht sie nicht, aber anscheinend ist sie zufrieden, einfach bei uns zu sitzen.
Und was macht eine Familie im 21. Jahrhundert, wenn sie gesättigt und entspannt rumsitzt? Jeder zückt sein Handy, checkt Mails und Facebook und surft ein bisschen rum. Das mobile Internet auf einer Mekonginsel ist übrigens deutlich besser als das im Rheintal!
Die Bilder auf unseren Handys wecken das Interesse unseres kleinen Gastes. Wir suchen Bilder, die sie kennt, wie von der großen Mekongbrücke in Kampong Cham. Dann versuchen wir es mit Tierbildern, das kommt auch immer gut. Koalas, Kängurus – sie staunt und freut sich. Victoria hat die größte Sammlung von Bildern von uns dreien. Sie geht sie mit dem kleinen Mädchen durch. Interessanterweise tippt die Kleine nicht auf Tierbilder, sondern auf Fotos von Zimmern und von Essen. Nach etwa einer Stunde verabschiedet sie sich. Auch wir schwingen uns wieder auf die Räder und überqueren die Bambusbrücke.
Abends beobachten wir einen grandiosen Mondaufgang über dem Mekong. Am gegenüberliegenden Ufer steigt ein riesiger, orangeroter Vollmond empor. Was für ein exotischer Anblick, wir sind hin und weg!
Ausflug zur Kautschukplantage
Typisch für die Gegend um Kampong Cham sind Kautschukplantagen. Wir sind auf dem Weg hierher schon durch einige durchgefahren. Nun wollen wir uns eine davon näher anschauen. Dazu haben wir mal wieder ein Tuktuk angeheuert.
Dazu ein kleiner Exkurs: Vermutlich ist euch schon aufgefallen, dass wir uns in Kambodscha fast nur mit dem Tuktuk durch die Gegend bewegen.
Das liegt daran, dass es keinen Nahverkehr gibt, zumindest nicht zu den Zielen, die wir uns angucken wollen. Taxis (also Autos) sind eine Rarität, selbst in Phnom Penh. Solange wir zu dritt oder viert unterwegs sind, kommt es auch nicht in Frage, Roller zu mieten.
Also bleibt das allgegenwärtige Tuktuk. Davon hat ja jedes asiatische Land seine eigene Variante. Die kambodschanische, auch Remorque genannt, gefällt uns besonders gut. Ein Roller ist als Zugfahrzeug vor eine Art Kutsche gespannt, die (mindestens!) vier Passagieren Platz bietet.
Die Bänke sind liebevoll aus geschnitztem Holz gestaltet und mit dicken Polstern belegt. Das Dach bietet Schutz vor der Sonne und der Fahrtwind kühlt angenehm.
Eine sehr bequeme Art der Fortbewegung. Wir lieben es, Tuktuk zu fahren. Darüber hinaus sprechen viele Fahrer gut Englisch, so dass wir interessante Unterhaltungen führen können.
Die Fahrt zur Kautschukplantage geht über eine viel befahrene Landstraße, was weniger angenehm ist. Lärm und Abgase von Lastwagen mindern das Fahrvergnügen etwas. Aber schließlich biegen wir in kleine Nebenstraßen ab. Rechts und links erstrecken sich Bäume in ordentlichen Reihen.
Wir halten an und unser Fahrer erklärt uns, wie der Latexsaft gewonnen wird. An jedem Baum hängt ein kleines Schälchen, in das über eine Rinne das milchige Sekret tropft. Zweimal täglich wird die Rinde angeritzt, um die Latexmilch zu produzieren.
Nach einer gewissen Anzahl (die ich wieder vergessen habe) Ernten wird der Baum einige Zeit in Ruhe gelassen, um sich wieder zu regenerieren. Zwischen den Bäumen finden wir Früchte, die wie Nüsse aussehen und aus denen teilweise schon neue Bäumchen sprießen.
Die Kautschukfabrik
Nun geht es weiter zur Fabrik, wo die Latexmilch verarbeitet wird. Die Fabrik wurde 1923 von den Franzosen erbaut und so wie sie aussieht, wurde seitdem auch nicht viel daran geändert. Auf dem Gelände stehen rostige Tanklaster, die die eingesammelte Latexmilch zur Fabrik transportieren.
In großen Becken wird sie mit Wasser und Säure versetzt, damit das Latex ausfällt und fest wird. Dahinter befindet sich eine Presse, in die Arbeiter den Kautschuk mit bloßen Händen füllen. Es ist heiß in der Fabrik. Die meisten Arbeiter tragen nur Shorts und Flipflops. Die Sicherheit wird hauptsächlich durch ein „safety first“-Schild gewährleistet. Immerhin steht einer neben dem Not-aus-Knopf an der Presse.
In mehreren Schritten wird der Kautschuk gereinigt und getrocknet und am Ende zu 35-Kilo-Ballen gepresst. Zur weiteren Verarbeitung werden die Ballen nach Vietnam oder China geschickt.
Unser Fahrer, der gleichzeitig als Guide durch die Fabrik fungiert erklärt uns, dass das Land im Staatseigentum sei und an reiche Investoren verpachtet würde. Zu den Arbeitern befragt, meint er, es wäre kein super Job, aber auch nicht ganz schlecht.
Enthusiasmus klingt anders. Die Arbeiter bekommen neben einem kleinen Einkommen Haus und Nahrung gestellt und nach ihrem Ausscheiden im Alter auch eine Pension.
Unser Interesse nutzt unser Guide, um seine Version der Ökonomie Kambodschas zu erläutern. Übersichtlich auf die Handfläche gemalt. Sich selbst zählt er zur Gruppe „poor“, aber nicht „very poor“ und scheint damit relativ zufrieden zu sein.
Nach diesem interessanten Einblick geht es zurück nach Kampong Cham.
Auf unserer Tour abseits der üblichen Touristenrouten gewinnen wir wertvolle Einblicke ins Leben der Menschen. Das ist übrigens auch einer der Tipps, die Miriam in ihrem Ratgeber gibt, wie du verantwortungsvoll in ärmeren Ländern reisen kannst.
Morgen reisen wir weiter den Mekong entlang nach Kratie, wo wir hoffen, die seltenen Irrawaddy-Delfine zu sehen.
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