Aktualisiert am 09/07/2023 von Gina
Die Rückkehr von einer Weltreise ist naturgemäß mit vielen Emotionen verbunden. Ein Jahr waren wir unterwegs. Haben die große Freiheit genossen. Großartige Landschaften bewundert. Faszinierende Einblicke in andere Kulturen gewonnen. Und getan und gelassen, wonach uns der Sinn stand.
Bereits Wochen vor der Rückkehr haben wir den Heimkehr-Blues gekriegt. Uns bang gefragt, wie es wohl sein wird, zurück in Deutschland zu sein. Graues Wetter, muffelige Menschen und trister Alltag. Wie würden wir damit zurechtkommen?
Nun sind wir seit über zwei Monaten zurück in Deutschland. Und stellen fest: Ist ja gar nicht so schlimm! Im Gegenteil, es gibt durchaus viele positive Seiten am Leben in Deutschland. Dabei lasse ich mal die gr0ßen Dinge wie soziale Absicherung etc. außen vor. Hier ist unsere Liste der fünf Dinge, die wir an Deutschland lieben:
1. Bürgersteige ohne Fußangeln
Da staunst du, ne? Nicht etwa deutsches Brot steht an erster Stelle, sondern die Möglichkeit, sich als Fußgänger bequem und sicher so gut wie überall fortbewegen zu können.
Keine Abgründe, die sich unvermutet zwischen Bordstein und Straße auftun. Keine Löcher ohne irgendeine Absicherung oder nur notdürftig mit einem morschen Brett bedeckt. Keine Stolperkanten oder aus dem Gehweg unvermittelt aufragende Schraubbolzen. Und der Gehweg gehört den Fußgängern und wird nicht komplett mit Motorrollern zugeparkt, so dass man nur noch über die Fahrbahn ausweichen kann.
Die Bürgersteige hier sind ausreichend breit, im Gegensatz zu 50 Zentimetern schmalen Pfaden, die noch alle paar Meter durch einen Strommast blockiert werden.
In Australien und Neuseeland geht es etwas zivilisierter zu, was den Zustand der Gehwege betrifft. Wenn es welche gibt. Da das Fortbewegungsmittel der Wahl das Auto ist, wird auf vielen Strecken darauf verzichtet, einen Bürgersteig anzulegen.
Ich bin in diesem Weltreise-Jahr ungefähr drölfzigtausendmal über Kanten und Unebenheiten gestolpert. Hier in Deutschland genieße ich es, einfach laufen zu können, ohne dauernd den Boden vor meinen Füßen auf Stolperfallen zu scannen.
Was in Deutschland auch geil ist: Zebrastreifen, an denen Autos anhalten! Okay, gibt es in Chile, Australien und Neuseeland auch. In allen anderen Ländern, in denen wir unterwegs waren, dienten Zebrastreifen höchstens der Auflockerung des Straßenbilds.
In Australien und Neuseeland bestand für uns die Herausforderung darin, dass die Autos von der falschen Seite kommen. Ich fand es sehr schwierig, mich daran zu gewöhnen, zuerst nach rechts zu gucken.
Entgegen anderslautenden Gerüchten werden rote Ampeln, so vorhanden, in allen von uns besuchten Ländern respektiert. Zumindest von Fahrzeugen mit mehr als zwei Rädern…
2. Keiner meckert über große Scheine
Ich rede nicht davon, die Brötchen beim Bäcker mit einem Hundert-Euro-Schein zu bezahlen. In vielen Ländern ist kleines Geld, ob Münzen oder Scheine, absolute Mangelware. Es gibt oft Probleme, weil Verkäufer oder Taxifahrer kein Wechselgeld haben.
Natürlich spuckt der Geldautomat nur große Scheine aus. Vorausgesetzt, es ist uns gelungen, einen Geldautomaten zu finden, der überhaupt was rausrückt. Das war in Argentinien oft und in anderen Ländern manchmal ein Problem.
Dann heißt es strategisch bezahlen und stets darauf achten, genug kleines Geld zu haben. Klappt natürlich nicht immer. Gerade in Asien musste öfters mal der Verkäufer oder die Bedienung im Restaurant in Nachbargeschäfte laufen, um unser Geld zu wechseln.
Es ist auch wieder schön, den Wert der Geldscheine und Münzen auf Anhieb erkennen zu können. Ohne Lesebrille und dreimal hin- und herdrehen.
3. Sprache, die wir mühelos verstehen
Wir können alle Schilder lesen! Nach den letzten vier Monaten in Südostasien ist das wirklich toll. Und nicht nur lesen, sondern auch verstehen. Auf den ersten Blick, ohne Rumrätseln. Meistens zumindest.
Auch dass wir alles verstehen und uns mühelos verbal mitteilen können, empfinden wir auf einmal als Luxus. Wir sprechen gut Englisch und leidlich Spanisch. Dennoch war die Kommunikation oft anstrengend. Wir mussten uns sehr konzentrieren, um alles zu verstehen und immer wieder unseren Wortschatz nach den richtigen Ausdrücken durchsuchen.
Wieder in der eigenen Sprache kommunizieren zu können, ist ein ganz starkes Stück Heimatgefühl. Unterhaltungen, die neben uns herplätschern können wir folgen. Mal eben etwas einwerfen, ohne vorher über Vokabeln oder Grammatik nachdenken zu müssen.
Ebenso ist es wunderbar, anderen Menschen mit Worten und nicht nur mit Händen und Füßen klar machen zu können, was man möchte. Zu wissen, wie die Früchte und Gemüse auf dem Markt heißen und nicht nur drauf zeigen zu müssen.
4. Das Essen
So, jetzt der Punkt, auf den du sicher schon gewartet hast.
Wir haben es genossen, fremde Speisen zu probieren. Das meiste hat uns auch gut geschmeckt. Was ich unterwegs mehr vermisst habe als den Klassiker deutsches Brot ist leckerer Käse. Den gibt es anscheinend nur in Europa. Selbst in Südamerika, dass ja von den Spaniern kolonialisiert wurde ist es schwierig, guten Käse zu finden. Anscheinend haben sie die Kenntnisse der Käseherstellung auf dem Weg über den Atlantik vergessen.
Ja, auch deutsche Backwaren lieben wir natürlich. Von Vollkornbrot über knusprige Brötchen bis zu delikaten Kuchen, das alles ist in anderen Teilen der Welt schwer zu bekommen. Bis auf Argentinien, was bei Konditorei-Schleckereien ganz weit vorne ist (ich sag nur: dulce de leche!) war das Angebot sonst eher bescheiden. Wenn man Glück hat, trifft man in irgendwelchen Teilen der Welt mal auf einen deutschen Bäcker.
Das Lebensmittelangebot in anderen Teilen der Welt ist oft wesentlich begrenzter als bei uns. Wenn wir jetzt hier durch den Supermarkt gehen, werden wir von der Vielfalt der Möglichkeiten fast schon erschlagen. Was uns außerdem auffiel war, wie günstig Lebensmittel in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern sind.
In dem Zusammenhang freuen wir uns sehr, wieder unsere eigene, gut ausgestattete Küche zur Verfügung zu haben. Wir kochen gerne und genießen es, abwechslungsreiche Gerichte zusammenzustellen.
5. Freunde und Familie wiedersehen
Last, but not least ist es wunderbar, sich wieder mit langjährigen Freundinnen und Freunden, mit unseren Töchtern, Geschwistern, Nichten und Neffen, Cousinen und Cousins persönlich zu treffen.
Auch wenn es heutzutage einfach ist, von fast jedem Ort der Welt aus Kontakt zu den Lieben daheim in Deutschland zu halten. Ob WhatsApp, Mail oder Skype, mehr als eine Internetverbindung braucht es nicht. Über unseren Blog haben viele unsere Weltreise mitverfolgt und manche kommentiert. Dennoch ist der persönliche Kontakt letztlich nicht zu ersetzen und wir freuen uns sehr, unsere Lieben wieder in die Arme schließen zu können.
Natürlich haben wir unterwegs auch immer wieder Menschen kennengelernt. Oft ergaben sich daraus interessante Gespräche und manchmal wertvolle Impulse. Doch dann geht jeder wieder seiner Wege, so dass intensive Beziehungen kaum entstehen können. Nichts geht über die langjährige Vertrautheit von Freundschaften und familiären Bindungen. Danke, dass es euch gibt!
Und auch zum Urlaub machen hat Deutschland viele und abwechslungsreiche Ziele zu bieten. Einige davon stellt dir Dagmar auf ihrem Bestager-Reiseblog vor.
Und jetzt du:Was sind für dich die Dinge, über du dich in Deutschland freust, besonders, wenn du von einer langen Reise zurückkehrst? Ab in die Kommentare damit, wir sind gespannt!
Interessanter Artikel! Mein Größtest, damals 1982 nach 18 Monaten Asien, war die von meiner Mutter gekochte Rote Grütze mit allem, was der Garten so hergab. Köstlich! Käse und risches Graubrot habe ich manchmal auch vermisst, aber es gab immer in den großen städten auch deutsche Bäckereien.
Dass ich bei Rot nicht mehr über die Ampel gehen durfte, war dann eher lästig. Mein Mann mahnte mich noch lange „Du bist hier nicht in China!“, wenn ich einfach losging und nur guckte, ob kein Auto kam.
Eine Chinesische Reiseleiterin hat mich mal mit folgendem Witz sehr amsüsiert:
– In Deutschland sind Ampeln definitiv
– In Italien sind sie fakultativ
– in China sind sie dekorativ
Gneießt Euer Leben in Deutschland!
Beste Grüße
Ulrike
Danke für deinen Kommentar.
Das mit der selbstgemachten Roten Grütze kann ich mir sehr gut vorstellen. Es geht dochnichts über selbst gemachte Köstlichkeiten. Ich habe als erstes wieder einen Vorrat an selbstgekochten Konfitüren angelegt, gekaufte mag ich nicht so sehr.
An den Straßenverkehr hier in Deutschland musste ich auch erst wieder gewöhnen. Diese Rechthaberei auf der Straße ist etwas typisch deutsches, womit ich mich nicht anfreunden kann. Der Ampel-Witz ist super. Vor allem, weil er wahr ist.
Viele Grüße
Gina
Hahaha, eine gute Liste! Kann ich alles unterschreiben, auch wenn ich nie so lange gereist bin wie Ihr. Was ich mag, wenn ich nach einer längeren Reise nach Hause komme: mein Bett und jederzeit saubere Kleidung, ohne lange nach dem letzten ungetragenen T-Shirt im Rucksack wühlen zu müssen ;-)
Ja, die Ansprüche an saubere Kleidung werden während so einer Reise schon deutlich runtergeschraubt. ;-)
Mit den fremden Betten haben wir uns erstaunlich gut arrangiert auf der Reise. Da war ich selber erstaunt, wie gut ich in den unterschiedlichsten Betten geschlafen habe, obwohl ich eigentlich „Rücken“ habe. Ich glaube, da spielt die Entspannung eine nicht zu unterschätzende Rolle.
LG
Gina
Ich wuensche euch alles gut in der gruene Deutschland !
Vielen Dank, liebe Farida! :-)
Ja, die Fußwege stehen bei mir auch ganz vorne, außerdem Ampeln, denn in Thailand gibt’s davon viel zu wenige, und die wenigen (nur an großen Kreuzungen) regeln zwar alle den fahrenden Verkehr, berücksichtigen aber keine Fußgänger. Käse und gute Schokolade in bezahlbar gehören auch dazu.
Zu Hause bin ich auch bekennender Schokoholic, unterwegs habe ich Schokolade nicht so sehr vermisst. Das lag vielleicht an den tropischen Temperaturen. Da habe ich mich lieber auf süße Smoothies gestürzt, auch nicht gut für die schlanke Linie ;-)
An den Verkehr in Südostasien haben wir uns irgendwann gewöhnt und gelernt, wie die Einheimischen die Straßen zu überqueren. Das muss man sich nur in Deutschland wieder abgewöhnen, hier ist das lebensgefährlich! :-D
Die Schokolade brauch ich auch nur, wenn ich am Computer sitze, ansonsten konsumiere ich auch viele von diesen (meist stark gezuckerten) Fruchtsmoothies. Als eine Art digitaler Nomade mit 44-Wochenstunden-Arbeitsvertrag unterscheidet sich deswegen mein Arbeitsschokoladenkonsum nicht zu der Zeit, die ich in Deutschland bin.
Als ich nach einem einjährigen Aufenthalt in Gambia nach Deutschland zurückkehrte, war ich froh nun wieder in einem sicheren Land leben zu können: ohne despotischen Herrscher, Menschenrechtsverletzungen und Mitmenschen, die sich nicht trauen, ihren Mund aufzumachen. Vielleicht ist auch der Aufenthalt im afrikanischen „failed state“ dafür verantwortlich, dass ich seit meiner Rückkehr im Jahre 2008 hier in Deutschland einen beständigen Verlust von freier Meinungsäußerung und Sicherheit wahrnehme und schier am Verzweifeln darüber bin, dass einen Großteil der Bevölkerung dies entweder nicht aufzufallen scheint oder die sich, aus Angst vor Repressalien, selbst ihre demokratische Mitsprache einschränken.
Das glaube ich gerne, dass das ein großer Kontrast war, aus Gambia nach Deutschland zurückzukehren. Für meinen Geschmack wird das Sicherheits-Thema hier zu stark betont, um der Bevölkerung eher Gefühle der Angst und Unsicherheit zu vermitteln. Ich fühle mich in Deutschland ziemlich sicher.
Hey ihr beiden :)
Hihi, ich bin mal gespannt, wie es uns nach unserer Weltreise geht – falls wir überhaupt dauerhaft wiederkommen :D
Aber schon jetzt kann ich mehrere eurer Punkte gut nachvollziehen, denn immer wenn ich nach ein paar Wochen wieder zurück nach Deutschland komme, geht es mir ganz genauso ;)
Schöne Grüße,
Caro
Na, fahrt ihr erst mal los und macht euch noch keine Gedanken übers zurückkommen!
Viel Spaß wünschen wir euch auf jeden Fall.
LG
Gina und Marcus
Hallo Ihr Beiden,
toller Artikel! Ich war ja leider noch nie so lange weg. Schokolade, Käse und Fleischwurst würde ich langfristig vermissen. Das mit den Bürgersteigen ist auch so was. In vielen Städten und Region Asiens ist Spazierengehen schon anstrengend.
Dagegen haben wir in Boppard unsere wunderbare Rheinpromenade, auf der man gemütlich spazieren kann. Und die vielen alten Burgen, Fachwerkhäuser, der Wein.
Ich bin ja eher nicht der Heimwehtyp. Aber das Winterhalbjahr könnte ich gut woanders verbringen.
Liebe grüße
Renate
Hallo Renate,
das mit dem Winterhalbjahr woanders verbringen würden wir sofort unterschreiben.
LG
Gina und Marcus