Im tiefsten Inneren der Provinz Corrientes liegt das Naturreservat Esteros de Iberá, das zweitgrößte Sumpfgebiet der Welt. Unser Reiseführer widmet ihm nur eine halbe Seite, aber das reicht, um uns neugierig zu machen. Auf unserer Reise durch Argentinien steht uns nach viereinhalb Wochen in lauten Großstädten der Sinn nach Ruhe und Natur. Also wird flugs umgeplant und statt der Stadt Corrientes das kleine Dorf Colonia Carlos Pellegrini als Ziel auserkoren. Zuvor informieren wir uns natürlich, ob wir bei der augenblicklichen Hochwassserlage die Sümpfe von Iberá überhaupt erreichen können. Nachdem das geklärt ist, kann es losgehen.
Inhalt
Zu den Esteros de Iberá: der Weg ist das Ziel
Herauszufinden, wie man dorthin kommt ist nicht ganz einfach, das Hinkommen ein Abenteuer für sich. Wir starten mit dem Nachtbus in Santa Fe, kommen am frühen Morgen in Curuzú Cuatía an, wo wir umsteigen müssen nach Mercedes. Von dort aus geht es über 120 Kiometer Schotterpiste mit lokalem Transport in den kleinen Ort Colonia Carlos Pellegrini.
Unsere freundlichen Gastgeber in der einfachen Posada El Yacaré (Yacaré=Kaiman) sind gleich mit Tipps und Vorschlägen zur Erkundung der Esteros de Iberá bei der Hand.
Der Eingang zum Naturreservat mit den Sümpfen ist drei Kilometer entfernt. Man ist sich einig, dass wir soweit nicht laufen sollen und verfrachtet uns in einen staubigen Geländewagen.
Ein Geländewagen ist hier eine vernünftige Fahrzeugwahl. Im Dorf Colonia Carlos Pellegrini gibt es keine einzige befestigte Straße. Renzo, der Sohn des Hauses fährt uns zum Besucherzentrum. Nur mit Mühe können wir abwehren, dass er uns auch wieder abholen kommt.
Wandern im Naturreservat Esteros de Iberá
Der Besucherandrang ist überschaubar, er besteht aus uns beiden. Die Rangerin erklärt uns die verschiedenen kleinen Wanderwege im Sumpfgebiet.
Direkt vor dem Besucherzentrum grasen Wasserschweine. Wir können ganz nah heran gehen, sie sind gar nicht scheu. Ich bin ganz entzückt von den plump-possierlichen Tieren. Sie strahlen so eine Ruhe und Lebenszufriedenheit aus.
Wir machen uns zunächst auf, den 30-minütigen Rundweg durch einen kleinen tropischen Wald zu erkunden.
Hier soll eine Kolonie Brüllaffen leben, die angeblich lautesten Tiere der Welt. Diese hier sind allerdings die leisesten Brüllaffen der Welt, wir hören und sehen keinen einzigen, obwohl wir angestrengt in die Baumwipfel starren.
Nun denn, auf zur Pasarela. Ein breiter Holzplankensteg führt über den flachen Uferbereich der Lagune. Hohes Schilf wechselt mit flacher Vegetation ab. Und schon bald sehen wir den ersten Kaiman. Träge liegt er im Wasser und blinzelt.
Ein paar Meter weiter schnauft und raschelt es im Schilf. Ein Wasserschwein macht seinem Namen Ehre und planscht durch das Röhricht. So geht es weiter: bewegungslose Kaimane hier, fröhlich mampfende Wasserschweine da. Auch den ein oder anderen Vogel bekommen wir zu Gesicht, allerdings sind die immer schnell wieder davon.
Schließlich entdecken wir noch am fernen Waldrand den Sumpfhirsch, leider nur von weitem. Über allem liegt das Zirpkonzert von tausenden Grillen.
Der Tag neigt sich, wir machen uns auf den Weg zurück ins Dorf. Über die Holzbohlenbrücke, in den 1980er Jahren als Provisorium eingerichtet und immer noch im Gebrauch erreichen wir den Ort und machen eine Runde durch die staubigen Straßen. Pferde laufen frei herum und suchen sich Flächen zum grasen.
Bootstour über die Lagune von Iberá
Strahlender Sonnenschein begrüßt uns am folgenden Morgen und wir machen schnell die Bootstour über die Lagune klar.
Renzo ist Guide und fährt uns mit seinem Motorboot über die Lagune.
Wir sehen Kaimane, die bewegungslos im Röhricht lauern oder auf der Wasseroberfläche treiben. Zu ihrer Nahrung zählen auch kleine Wasserschweine. Wir können uns das kaum vorstellen, sind die Kaimane doch nicht viel größer als die Capybaras, wie die Wasserschweine hier heißen.
Viele Vögel, deren Namen wir uns nicht merken können, bevölkern die Lagune von Iberá. Einen Reiher beobachten wir, wie er einen gerade erbeuteten Fisch verschlingt. Wir können genau sehen, wie dick der Hals des Vogels wird, als er den großen Fisch verschluckt.
Natürlich gibt es auch wieder Wasserschweine zu sehen, die sich anscheinend vollkommen unbekümmert um die lauernden Kaimane im Sumpf tummeln.
Renzo erzählt uns viel Wissenswertes über Fauna und Flora. Eine Besonderheit ist, dass die Inseln hier auf der Lagune schwimmen. Sie haben keinen Kontakt zum Seegrund.
Nachtwanderung in den Esteros de Iberá
Nachdem wir den Nachmittag auf der Terrasse gechillt haben, ist abends noch mal Bewegung angesagt.
Mit Renzo geht es auf eine Nachtwanderung. Mit Stirnlampen und wasserdichten Wanderstiefeln ausgerüstet wandern wir ins stockfinstere Naturreservat. Wir erhaschen einen kurzen Blick auf den kleinsten Sumpfhirsch der Welt, den es hier gibt. Zu unserer Überraschung treffen wir auch mitten in der Nacht überall auf eifrig futternde Wasserschweine. Schlafen die denn nie?
Ein kleines Gürteltier rennt mit steil aufgerichtetem Schwanz durch den Wald. In der Nähe des Besucherzentrums wohnt eine Wildkatze, klein wie eine Hauskatze, gefleckt wie ein Jaguar. Sie streicht um unsere Beine, anfassen lässt sie sich aber nicht.
Und über uns wölbt sich ein grandioser Sternenhimmel, mit Milchstraße und Kreuz des Südens. Letzteres sogar dreimal, weil wir nicht genau wissen, welches es ist ;-) Selbst Renzo ist sich nicht sicher, welches das richtige Sternbild am argentinischen Himmel ist. Auf dem Boden der Sümpfe kennt er sich offensichtlich besser aus als in den himmlischen Sphären.
Der letzte Tag in den Sümpfen von Iberá
Unseren letzten Tag in Carlos Pellegrini verbringen wir mit der Erkundung der noch nicht begangenen Wanderwege im Naturreservat. Wir streifen durch dichte Wälder und über sumpfige Wiesen. Überall tummeln sich die Capybaras. Dank Renzos Informationen können wir jetzt sogar Männchen und Weibchen der Wasserschweine unterscheiden.
Auch den Brüllaffen geben wir noch zweimal eine Chance, aber sie lassen sich nicht blicken. Naja, einen Brüllaffen zumindest kenne ich von meiner letzten Arbeitsstelle, das reicht eigentlich.
Als Höhepunkt läuft zehn Meter vor uns der corzuelo, der kleinste Sumpfhirsch, auf den Weg und äst unbeirrt an den Zweigen am Wegesrand, bevor er langsam wieder im Wald verschwindet. Wie niedlich!
Und auch von dieser wunderschönen Ecke der Welt haben wir ein kleines Video erstellt, mit O-Ton!
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Liebe Gina, du solltest ein Abenteuerbuch über eure Weltreise schreiben ,bzw.die Berichte zusammen fassen. Du schreibst so interessant und kurzweilig, es macht mir so viel Freude, eure Berichte zu lesen-und dadurch, dass ihr immer wieder Bilder oder Videos einstellt, ist alles so gut vorstellbar-toll.
Ja schade mit den Brüllaffen, ich habe so über deinen Kommentar vom Brüllaffen auf der Arbeit gelacht, ich kann mir denken, wen du damit meinst…:):(Viel Spaß und Abenteuer weiterhin LG Maria aus dem sommerlichen und sonnigen Langenfeld(25 Grad)solls heute wieder werden
Vielen lieben Dank! Es freut mich, dass dir die Berichte so gut gefallen. Ja, der Scherz mit dem Brüllaffen war nicht sehr subtil :-))