Schnurgerade zieht sich die A31 durch die flache Landschaft. Über uns wölbt sich ein grauer Himmel, aber immerhin hat der Regen aufgehört. Wir sind auf dem Weg nach Ostfriesland, wo wir eine Woche Urlaub verbringen werden. Da entdecke ich ein Schild am Rand der Autobahn: “Moormuseum Geeste”. Hört sich spannend an: Wir denken an Irrlichter und Moorleichen.

Spontan beschließen wir, abzufahren und das Freilichtmuseum zu besuchen. Eine Entscheidung, die wir nicht bereuen werden.

Das größte Moormuseum Europas

Eingangsschild des Moormuseums Emsland.

Hereinspaziert ins Moormuseum Emsland!

Das Moormuseum Emsland in Geeste/Groß Hesepe ist das größte Moormuseum Europas. Es besteht aus zwei großen Ausstellungshallen, einem 30 ha großen Außengelände und einem Außenposten.

Ein Museumsshop und ein Café fehlen natürlich auch nicht.

Wir nehmen dich mit durch das Museum. Bist du dabei? Dann los!

Die Geschichte des Moors – Halle 1

Die erste Halle zeigt auf 800 m² Fläche die Geschichte des Moores, vom Beginn bis ins 19. Jahrhundert.

Zunächst erfahren wir, wie Moore entstehen. Die Einsicht, dass die unwirtlichen Feuchtlandschaften wichtig für unser Ökosystem sind, hat sich leider erst sehr spät durchgesetzt. So hat sich inzwischen vieles der ursprünglichen Tier- und Pflanzenwelt unwiederbringlich verändert.

Im 19. Jahrhundert begannen die Menschen, das Moor zu kultivieren. Es war harte und mühsame Arbeit. Das Torf wurde als Brennstoff benutzt und im Handtorfstich gewonnen. Dazu mussten die Areale entwässert werden. Dann stachen die Arbeiter rechteckige Soden aus, die in der Sonne getrocknet wurden.

Karren mit Torfsoden.

Die Arbeit im Moor war Plackerei

Neben der Plackerei als Torfstecher mussten die Menschen rudimentäre Landwirtschaft betreiben, um überleben zu können. Das einzige Getreide, was im Moor wuchs war Buchweizen. Kam es zu Mißernten wegen schlechten Wetters, folgte eine Hungersnot.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden mehr und mehr Maschinen eingesetzt, um den Torf abzubauen.

Der größte Pflug der Welt – Halle 2

Der Dampfflug in Halle 2.

Ganz schön groß…

Ein beeindruckendes Beispiel für die maschinelle Entwicklung ist der Dampfkipp-Pflug “Mammut”, der den größten Teil der zweiten Halle einnimmt. Ein Monstrum von Gerät, der von zwei Lokomobilen gezogen werden musste.

Die beiden Lokomobile stehen ebenfalls in Halle 2, dazu noch ein Mannschaftswagen, der die Arbeiter zu ihren Einsatzorten brachte.

Der gigantische Pflug diente dazu, den Boden des Moores umzugraben und landwirtschaftlich nutzbar zu machen. So wurde es Anfang der 1950er Jahre im Emslandplan beschlossen. Bis zu dieser Zeit war die Gegend verarmt und rückständig.

Durch die Urbarmachung des Moores sollten neue Lebensgrundlagen für die Bevölkerung geschaffen werden. Viele Menschen, die wegen des Krieges aus den ehemals ostdeutschen Gebieten geflohen waren, siedelten sich hier an.

Es wurden neue Straßen und Ortschaften geschaffen. Naturschutz war zu dieser Zeit zweitrangig.

Hinaus ins Moor

Marcus läuft über einen Holzbohlenweg im Moor.

Spaziergang über das Moor

Nachdem wir nun die theoretischen Grundlagen geschaffen haben, geht es hinaus ins Außengelände. Auf 30 ha Fläche wandern wir über Bohlenwege durch das renaturierte Hochmoor. Es gibt Waldstreifen mit lichten Birken, deren Laub im Wind raschelt. Das Wasser des Moors wird in Kanälen gesammelt.

Über das Hochmoor führt eine alte Feldbahntrasse. Die Bahnen und Schienenstränge mussten relativ leicht sein, damit sie auf dem labilen Boden des Moores nicht versanken. Mit der Feldbahn können sich Besucher:innen über das Gelände schaukeln lassen.

Auf dem Gelände finden wir Infotafeln, die uns Tier- und Pflanzenwelt näher bringen. Wir können uns über die Renaturierung des Moors und die Bedeutung fürs Klima schlau machen.

Ein Highlight ist der alte Siedlerhof, der aus den 1930er Jahren stammt. Das Häuschen ist in drei Bereiche unterteilt. In der Wohnküche schaltete die Hausfrau, hier traf sich die Familie zu den Mahlzeiten. Sie war der Mittelpunkt des Hauses. Möbel und Haushaltsgegenstände lassen die damalige Zeit lebendig werden.

Kleines Häuschen.

Der alte Siedlerhof

Küche mit alten Küchengeräten.

Hier waltete die Hausfrau

Nebenan liegt die Schlafkammer, die die ganze Familie beherbergen musste. Da war nicht viel Privatsphäre möglich.

Den größten Teil des Gebäudes nimmt die Tenne ein, die als landwirtschaflicher Arbeitsplatz und als Winterstall diente.

Neben dem Haus liegt der liebevoll gepflegte Bauerngarten, der zur Selbstversorgung nötig war. Der gesamte landwirtschaftliche Betrieb war ein notwendiger Nebenerwerb, da die Einkünfte aus dem Torfabbau nicht ausreichten. In der Regel waren außer dem Familienvater auch die Frau und ältere Kinder in der Lohnarbeit tätig. In der knappen Freizeit musste die Landwirtschaft gepflegt werden.

Heute werden auf dem Gelände des Moormuseums Emsland alte Haustierrassen gezüchtet, die vom Aussterben bedroht sind. Wir sind entzückt, ein zufrieden schlummerndes Bentheimer Buntschwein im Stall zu sehen. Weitere Rassen, die hier ein Zuhause finden sind Bentheimer Landschaf, Westfälische Totlegerhühner und Diepholzer Gänse.

Schlafendes Schwein im Stroh.

Sehr entspannt…

Im Museumsshop kannst du Spezialitäten erwerben, die aus dem Fleisch der Nutztiere hergestellt werden.

Noch mehr Moor

Das Moormuseum Emsland hat einen Außenstandort im Naturschutzgebiet Geestmoor. Dieses liegt im Naturpark Bourtanger Moor an der deutsch-niederländischen Grenze.

Du erreichst das Geestmoor mit einer kleinen Wanderung über vier Kilometer. Wenn du nicht gut zu Fuß bist, kannst du auch mit dem Auto hinfahren, es gibt einen gekennzeichneten Parkplatz.

Moorlandschaft mit Gräsern und Wasserflächen.

Blick übers Moor

Hier findest du eine Aussichtsplattform mit Blick über das renaturierte Moor. Es war in den 1950er Jahren entwässert worden, um es für den Torfabbau vorzubereiten. Durch die Moorschutzgesetze in der 80ern kam es unter Naturschutz. 2005 hat man es wieder vernässt und so in ein wechselfeuchtes Hochmoor zurückverwandelt.

Du findest die typische Vegetation mit Birken- und Fichtenflächen, wogendem Pfeifengras und wechselfeuchten bis feuchten Zonen, in denen das Torfmoos wächst.

Wir sind sehr zufrieden mit unserem Besuch, denn wir haben viel für uns Neues erfahren. Nur von Moorleichen oder Irrlichtern war nicht die Rede…

Infos zum Moormuseum

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  • Adresse: Geestmoor 6, 49744 Geeste/Groß Hesepe
  • Öffnungszeiten: Mrz – Okt Di – So 10 – 18 Uhr
  • Eintrittspreise: 7 €, ermäßigt 3 €; Feldbahnfahrt 3 €/2 €