Aktualisiert am 29/11/2021 von Gina
Unsere Rundreise über La Reunion führt uns vom Cirque de Cilaos Richtung Vulkan. Der Piton de la Fournaise ist einer der aktivsten Vulkane der Welt. Freundlicherweise schickt er seine Lavaströme auf einer breiten Bahn Richtung Meer, so dass keine menschlichen Siedlungen gefährdet werden.
Inhalt
Ankunft in Plaine des Cafres
Nachmittags treffen wir in unserem Chambre d’hôtes in Plaine des Cafres ein. Dort herrscht schon viel Trubel, denn abends steht die Tauffeier für die Enkelin unserer Gastgeber an. In der Küche hektische Betriebsamkeit, weil jeder etwas für die 130-Personen-Feier zubereitet. Viele Familienmitglieder treffen sich im Haus unserer Gastgeber, um von hier aus gemeinsam zum Ort der Feier aufzubrechen.
Dabei können wir mal wieder beobachten, wie bunt die Großfamilien auf La Reunion zusammengesetzt sind. Es finden sich oft alle Hautfarben vom dunkelsten Braun bis zu Weiß und alle Nuancen dazwischen. Ein Indiz, dass die Gesellschaft, die aus weißen Kolonialisten, schwarzen Sklaven, tamilischen und indischen Arbeitern bestand, ohne Ressentiments zusammen gewachsen ist.
Die Attraktion schlechthin in dieser Gegend ist natürlich der Vulkan. Man kann den Vulkan in Zeiten seiner Inaktivität besteigen, sollte dazu aber früh aufstehen, denn ab mittags kann das Wetter unbeständig werden und für Wanderer gefährliche Nebel aufziehen.

Der Vulkan Piton de la Fournaise
Damit kommt eine Vulkanwanderung heute schon mal nicht in Frage. Erstens sind wir nicht früh aufgestanden und zweitens wollen wir uns erst informieren. Wir wissen noch nicht, ob wir uns diese Tour überhaupt zutrauen.
Mit dem Auto über die Route des Volcans
Wir befahren die Route des Volcans daher rein autotouristisch. Bei dieser Strecke fährt man von einem landschaftlichen Highlight zum nächsten und folgt dem “Weg” des Vulkans. Als Hotspotvulkan bleibt er zwar eigentlich an Ort und Stelle. Durch die Drift der Kontinentalplatten verändert sich aber sein Austrittsort an der Erdoberfläche. Unser Vulkan hier hat schon eine Reihe von alten Kratern hinterlassen, die entlang der Route des Volcans zu besichtigen sind.
Wir fahren zunächst durch eine Landschaft, die an europäische Gebirge erinnert: Kuhweiden, dann Nadelwald. Immer höher schraubt sich die Straße und auf 2136 m Höhe erreichen wir den Aussichtspunkt Nez de Boeuf. Von hier aus haben wir einen phantastischen Blick in die Schlucht Rivière des Remparts, die älteste Caldera des Piton de la Fournaise. Entstanden ist sie durch den Zusammenbruch der Magmakammern. 1000 Meter tief unter uns liegt der Boden der Schlucht, steil ragen die seitlichen Wände empor.

Rivière des Remparts
Schräg gegenüber in der Kante der Schluchtwand können wir das nächste Ziel erkennen, den Krater Commerson. Dort ist unser nächster Stopp. Von einer Plattform aus kann man bis zum Boden des Kraters blicken.
Weiter geht die Fahrt durch eine immer spärlichere Vegetation aus halbverdorrten Heidebüschen. Wir fahren bis zum Pas de Sables. Vom Parkplatz aus klettern wir ein kleines Stück den Hügel hoch und halten den Atem an, als wir die Plaine des Sables erblicken.

Die Straße durch die Mondlandschaft
Eine weite Ebene aus rotem Sand und verstreuten Felsbrocken, unwirklich wie eine Mondlandschaft. Kein Baum, kein Strauch, kein Pflänzchen ist zu sehen. Dies war vor langer Zeit der zweite Gipfel des Piton de la Fournaise, der mehrmals in sich zusammenbrach.
Fünf scharfe Kehren – natürlich ohne irgendwelche Absicherung in Form von Leitplanken oder Mäuerchen – bringen uns vom Kraterrand auf die 80 m tiefer gelegene Ebene. Hier endet der Straßenbelag. Auf staubiger Schotterpiste geht es weiter. Kleinere und größere Vulkankegel ragen aus der Ebene heraus. Fünf Kilometer weiter erreichen wir den Pas de Bellecombe und damit das Ende der Route. Für die 23 Kilometer lange Strecke haben wir zwei Stunden gebraucht.
Atemberaubende Aussicht auf die Vulkanlandschaft
Von der Aussichtsbalustrade aus haben wir direkten Blick auf den Piton de la Fournaise. Majestätisch erhebt er sich in der jüngsten Caldera (4700 Jahre sind bei Vulkanen jung!), der Enclos Fouqué, die eine zum Meer hin offene Hufeisenform hat.

Der Rand der Caldera

Da hinten geht’s runter Richtung Meer
So können die Lavaströme über den Hang Grand Brûlé zum Ozean abfließen. Wir stehen und bestaunen die surreal wirkende Landschaft. Die Grand Brûlé ist mit Wolken bedeckt, die mit Nebelschwaden an der Enclos lecken, aber nicht weiter herauf ziehen. Obwohl schon Mittag ist und nach einhelliger Meinung von Reise- und Wanderführer schon alles wolkenbedeckt sein müsste. Statt dessen strahlender Sonnenschein und blauer Himmel.
Wenn wir uns umdrehen, sehen wir im Norden in der Ferne den großen Bruder des Piton de la Fournaise aufragen, den inzwischen erloschenen Vulkan Piton des Neiges.

Der Piton des Neiges, höchster Berg auf La Reunion

Da wollen wir hin!
Getreu dem Motto: “Von einem Vulkan kann man gar nicht genug Fotos haben” knipsen wir Bild um Bild. Und eigentlich ist uns jetzt klar, dass wir auf den Vulkan wollen.
Nach zwei Stunden am Pas de Bellecombe, die wir mit Gucken, Picknick, Gucken, Sonnen, Gucken…. verbringen, quellen die Wolken allmählich über die Kämme der Seitentäler.
Wir treten den Rückweg an und bald hängen die Wolken links und rechts in den Hängen neben uns. Kurz darauf tauchen wir in die Wolken ein, es wird feucht und neblig, die Landschaft wird zu gespenstischen Bildern von verschwommenen Büschen und Bäumen.

Durch die Wolken führt der Rückweg
Der Nebel begleitet uns bis auf die Hochebene. Erst als wir Richtung Küste fahren, klart es wieder auf.
Auf dem Rückweg schauen wir von der Hochebene bei Bois-Rouge auf Grand Bassin, wo 750 Meter tiefer ein kleiner Weiler liegt. Er ist nur in einer mehrstündigen Wanderung vom Hochplateau aus zu erreichen. Keine Autostraße verbindet die wenigen Bewohner des Orts mit der Außenwelt. Lediglich ein Lastenaufzug bietet die Möglichkeit, Waren ins Dorf zu transportieren.

Grand Bassin auf La Reunion
Wanderung auf den Piton de la Fournaise
Wir sind nicht die passionierten Frühaufsteher. So muss sieben Uhr als Frühstückszeit reichen. Da gestern so lange schönes Wetter auf dem Vulkan war, hoffen wir heute auch darauf.
Die Route des Volcans wird diesmal zügig durchfahren und um neun Uhr sind wir auf dem Pas de Bellecombe.
Die Wanderung beginnt mit dem Abstieg vom gut 100 Meter hohen Kraterrand in die Lavaebene der Enclos Fouqué. Über grobe Stufen, stets mit einem Geländer gesichert, geht es hinunter.
Der Weg ist mit weißen Punkten markiert, die alle zwei Meter auf die Lava angebracht wurden. Es geht über die Ebene, die gar nicht eben ist. Die erstarrte Lava bildet Wellen, Blasen, Löcher, Stricke, Brocken, Risse – man muss bei jedem Schritt darauf achten, wo man hintritt.

Das ist Stricklava

Sieht aus wie eine Landschaft aus Krieg der Sterne
Langsam beginnt der eigentliche Aufstieg auf den Piton de la Fournaise. Wir passieren eine Lavagrotte, die Chapelle de Rosemont.
Nach einiger Zeit erreichen wir den schwarzen Lavastroms des jüngsten Ausbruchs von 2007. Ein Warnschild informiert uns, dass der Bereich instabil ist. Man soll nur auf dem markierten Pfad gehen.

Gefährliche Hohlräume unter dem Boden
Dadurch, dass die Lava zuerst an der Oberfläche erstarrt, darunter aber noch weiter fließt können sich Hohlräume bilden, die irgendwann einstürzen.
Jetzt sehen wir, dass von der Grand Brûlé Wolken aufziehen, die erste Fetzen in die Enclos schieben. Nebel hier oben kann sehr gefährlich werden. Wenn man erstmal vom Weg abgekommen ist, hat man in dieser Steinwüste keinerlei Orientierungspunkte mehr. Wir beobachten skeptisch die Wolken und beratschlagen, ob wir umkehren sollen. Sie scheinen jedoch nicht weiter vorzudringen und so entschließen wir uns zum Weitergehen.
Nach drei Stunden haben wir unser Ziel erreicht: den Krater Dolomieu, der Hauptkrater des Piton de la Fournaise. Fast 400 Meter tief, man könnte den Eiffelturm komplett hineinstellen.

Der Gipfel ist erreicht!

Krater Dolomieu, heute ganz friedlich
Nachdem wir fleißig Fotos geschossen haben, packen wir Baguette, Salami, Käse und Tomaten aus und genießen unsere wohlverdiente Mahlzeit.
Aber lange hält es uns nicht, denn es wartet ja noch der Rückweg.

Blick vom Vulkangipfel bis zum Indischen Ozean
Schließlich ist es geschafft und voller Stolz blicken wir zurück zu “unserem” Vulkan. Es ist vier Uhr, als wir zum Auto zurückkommen. Wir waren einschließlich Pausen sieben Stunden unterwegs. Dementsprechend erschöpft fühlen wir uns auch. Erschöpft und glücklich.
Als wir hinunter fahren, sehen wir, dass sich die umliegenden Täler wieder mit Wolken gefüllt haben. Ein weiteres surreales Bild bietet sich uns: ein blendend weißes Wolkenmeer, aus dem die Gipfel des Piton des Neiges und weiterer Berge wie Inseln hervor ragen.

Der Piton des Neiges als Insel im Wolkenmeer
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